Seit dem Mittelalter verlassen junge Handwerksgesell/innen ihre Heimat und gehen für mehrere Jahre auf Wanderschaft. Auch Bäcker/innen gehen auf die Walz!
Wir nennen das die Bäckerwalz.
Vielleicht hast du den Begriff Walz schon mal gehört.
Das ist ein sehr altes Wort, das eine ebenso alte Tradition aus dem Mittelalter beschreibt: die Wanderschaft von Handwerksgesellen.
Seit dem Mittelalter verlassen junge Handwerksgesell/innen ihre Heimat und gehen für mehrere Jahre auf Wanderschaft. Auch Bäcker/innen gehen auf die Walz!
Wir nennen das die Bäckerwalz.
Das Wandern ist des Bäckers Lust! Gesellen und Gesellinnen gehen auf die Walz, weil sie regionale Handfertigkeiten in Deutschland und in der Welt kennenlernen wollen.
Bäcker/innen treffen auf ihrer Wanderschaft neue Menschen – Kolleg/innen aus dem eigenen und Wandergesell/innen anderer Handwerke. Sie arbeiten in vielen verschiedenen Betrieben ihres Handwerks und lernen so neue Handwerkstechniken und andere Traditionen kennen. Die Gesellenwanderschaft erweitert buchstäblich den Horizont und den Erfahrungsschatz. Gesellenwanderschaft bedeutet jedoch nicht, dass man nur in der Welt herumreist und auf Abenteuerurlaub ist.
Du merkst schon, dass die Walz ein ganz besonderes Abenteuer ist. Falls du deine Meisterprüfung machen willst, hilft dir die Walz, sie zu bestehen. Denn auf deinen Reisen wirst du, ergänzend zu deiner Erfahrung aus Betrieb und Berufsschule, noch einiges dazulernen.
Während der Walz sind Gesellen und Gesellinnen für drei Jahre und einen Tag unterwegs.
Wandergesell/innen nehmen auf ihre Wanderschaft nur das Nötigste mit. Handy, Laptop und andere Gegenstände, ohne die man heute nicht mehr auszukommen meint, bleiben zu Hause. Die Arbeitskleidung, Kleidung zum Wechseln, einen Schlafsack und ein paar persönliche Gegenstände werden in das Charlottenburger gepackt – ein buntes Tuch, das mit dem Inhalt zu einem Bündel zusammengeschnürt wird.
Für drei Jahre und einen Tag (und manchmal noch länger) bist du während der Walz auf der Straße unterwegs. In dieser Zeit hast du zwar keinen festen Wohnsitz, bist aber nicht ohne Arbeit und mittellos. In jeder Stadt gibt es Handwerksbetriebe, die sich über deine Unterstützung freuen und dir gerne Arbeit geben.
Selbstverständlich erhältst du auf der Walz den üblichen Gesellenlohn, und in der Regel bietet dir der/die Meister/in Essen und eine Übernachtungsmöglichkeit – selbst wenn es manchmal nur ein Schlafplatz in einem Lagerraum ist. Doch nicht nur Meister/innen, auch andere Menschen unterstützen dich gerne mit einer Mahlzeit, einem warmen Bett oder einer Mitfahrgelegenheit.
Während der Wanderschaft darfst du dich nicht im Umkreis von 50 km um deinen Heimatort aufhalten. Nachdem du zurückgekehrt bist, wirst du „einheimisch“, d.h. dass du deinem Handwerk wieder an einem festen Standort nachgehst.
Um auf die Walz gehen zu können musst du ein paar Voraussetzungen erfüllen:
Mit nur fünf Euro und ohne dein Handy in der Tasche machst du dich auf den Weg. Zu Anfang wirst du von einem/einer erfahrenen Wandergesell/in begleitet, um in das „zünftige Reisen“ und in die Gesellschaft mit ihren Bräuchen und ihrer Sprache eingewiesen zu werden. Das Tragen der Kluft dient dazu, die Personen erkennbar einer Gruppe zuzuordnen, und verpflichtet auch zu sozialkonformem Verhalten. Im Reisebuch dokumentierst du deine Arbeitsaufenthalte und Reisestationen.
Der traditionelle Anzug der Wandergesell/innen wird Kluft genannt. An der Farbe erkennt man das Handwerk. Der größte Teil der Wandergesell/innen trägt die schwarze Kluft der Tischler/innen und Zimmersleute.
Gesellinnen und Gesellen der Lebensmittelhandwerke – wie auch die Bäcker/innen – sind an ihrer Kluft im karierten Pepitamuster zu erkennen. In den Charlottenburger, wie man das Tuch aus Leinen nennt, wickeln Wandersleute ihr Hab und Gut.
Der gedrehte Wanderstock wird Stenz genannt. Diesen kann man zwar auch kaufen, jedoch ist dies verpönt. Man sagt: Der Stenz sucht den/die Wandergesell/in. Was das bedeutet und wie sie gemacht werden, erfährst du von deinem/deiner Exportgesell/in.
Die Bäckerwalz ist eine tolle Chance für jeden jungen Bäcker und jede junge Bäckerin, sich beruflich als auch persönlich weiterzuentwickeln, und eine Erfahrung, die ein Leben lang hält.
Nicht der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks oder die Akademie Deutsches Bäckerhandwerk gestalten die Walz. Du entscheidest selbst, wie deine Wanderjahre aussehen. Wichtig sind dabei natürlich die Menschen, die man währenddessen trifft, und die Betriebe, die Arbeit, Kost und Logis anbieten.